Die Auseinandersetzungen zwischen Medienhäusern und Anbietern generativer KI-Technologien spitzen sich zu.Internationale Verlage, Rundfunkanstalten und Nachrichtenportale wehren sich zunehmend juristisch gegen die Nutzung ihrer Inhalte durch Unternehmen wie OpenAI, Google, Perplexity AI und andere. Im Zentrum steht die Frage: Wer darf digitale Inhalte für das Training künstlicher Intelligenz verwenden – und unter welchen Bedingungen?

Aktuelle Klagewelle gegen KI-Unternehmen

Ein besonders aufsehenerregender Fall ist der Streit zwischen der BBC und dem US-Startup Perplexity AI. Der britische Rundfunkkonzern wirft dem Unternehmen vor, redaktionelle Inhalte ohne Erlaubnis auszulesen und für eigene Produkte zu verwenden. Nach Recherchen der Financial Times geschieht dies teilweise unter Umgehung technischer Schutzmaßnahmen wie der robots.txt-Datei. Perplexity bestreitet den Vorwurf und verweist auf rechtliche Graubereiche im internationalen Urheberrecht.

Auch der US-Medienkonzern Ziff Davis – Betreiber von Tech-Plattformen wie PCMag und Mashable – hat Klage gegen OpenAI eingereicht. Ziff Davis argumentiert, dass OpenAI massenhaft Inhalte seiner Publikationen verwendet habe, ohne dies zu lizenzieren oder kenntlich zu machen. Die Klage ist Teil eines wachsenden juristischen Drucks auf KI-Firmen, die auf öffentlich zugängliche Datenbanken oder Websites zugreifen, um Sprachmodelle zu trainieren.

Fair Use oder Urheberrechtsverletzung?

Im Zentrum der juristischen Auseinandersetzung steht die Auslegung des sogenannten „Fair Use“-Prinzips. Dieses erlaubt in den USA unter bestimmten Voraussetzungen die Nutzung fremder Werke ohne Genehmigung – etwa zu Bildungszwecken oder für Parodien. KI-Anbieter argumentieren, dass das Training großer Sprachmodelle unter diese Ausnahmeregelung falle. Medienunternehmen und Autoren hingegen betonen, dass ihre Inhalte systematisch verwendet würden, um kommerzielle Produkte zu entwickeln, ohne dass eine angemessene Gegenleistung erfolgt.

Ein aktuelles Urteil in einem Verfahren gegen das KI-Unternehmen Anthropic zeigt, wie differenziert Gerichte vorgehen. Während der Richter entschied, dass die Nutzung legal erworbener Inhalte teilweise als Fair Use gelten könne, wurde der Vorwurf nicht ausgeräumt, dass auch nicht lizenzierte, rechtswidrig kopierte Werke im Trainingsmaterial enthalten waren. Der Fall geht in die nächste Instanz und dürfte für die gesamte Branche richtungsweisend sein.

Relevanz für LegalTech und Medienrecht

Für LegalTech-Unternehmen und Kanzleien mit Fokus auf Medienrecht ergeben sich aus dieser Entwicklung wichtige Implikationen:

Strategisches Monitoring juristischer Entwicklungen: Verfahren in den USA, Kanada und Europa entwickeln sich dynamisch. Kanzleien sollten diese im Blick behalten, um ihre Mandanten rechtzeitig auf regulatorische Veränderungen vorzubereiten.

Urheberrechtliche Due Diligence wird zum Standard: Wer KI-Systeme entwickelt oder implementiert, muss im Vorfeld prüfen, ob Trainingsdaten aus rechtlich einwandfreien Quellen stammen.

Vertragsgestaltung muss KI-Nutzung abbilden: Sowohl auf Seiten von Rechteinhabern als auch bei Lizenznehmern sind neue Klauseln nötig, die die Verwendung von Inhalten für KI-Training ausdrücklich regeln.

Compliance-Strukturen sind entscheidend: Medienhäuser sollten nachvollziehbar dokumentieren, wie sie ihre Inhalte vor automatisiertem Scraping schützen – etwa durch technische Maßnahmen und Lizenzvereinbarungen.

Fazit

Die zunehmenden Klagen gegen KI-Firmen markieren einen Wendepunkt im Spannungsfeld zwischen Innovation und Urheberrecht. Während künstliche Intelligenz neue Möglichkeiten für Automatisierung und Effizienz schafft, dürfen die Rechte der Inhaltsproduzenten nicht unter den Tisch fallen. Wer in LegalTech, Medien oder Digitalwirtschaft tätig ist, sollte sich frühzeitig mit den rechtlichen Rahmenbedingungen auseinandersetzen und präventiv Maßnahmen ergreifen, um Risiken zu minimieren.


Daina arbeitet als Legal Tech Engineer bei einer Großkanzlei in Düsseldorf. Ihre Begeisterung für Legal Tech vertiefte sie während ihres LL.M.-Studiums, das ihr fundiertes Wissen über die Schnittstelle von Recht und Technologie erweiterte. Zusätzlich engagiert sie sich als stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Legal Tech Labs und teilt ihr Fachwissen regelmäßig durch Blogbeiträge.